Der Orgelbauer von Bautzen

Bautzener Stadtgeflüster-Geschichten

Der Orgelbauer von Bautzen

Der Orgelbauer von Bautzen

Verfasser: André Stickel

Es war einmal ein Orgelbauer in Bautzen. Er war Meister seines Faches und hatte sich bereits über die Jahre hinweg einen guten Namen gemacht. Seine Orgeln waren nicht nur in der Heimatstadt, sondern auch weit über die Grenzen des Landes hinaus bekannt. Sie zeichneten sich durch ihre kunstvolle Gestaltung und den einzigartigen Klang aus, den ihnen der alte Meister seit jeher verlieh.

Eines Morgens, als er gerade dabei war seine Werkstatt zu öffnen, hörte er ein leises Piepsen. Er folgte dem Geräusch und entdeckte in der Ecke seiner Arbeitsstätte ein kleines Schwalbennest. Die jungen Schwalben waren gerade dabei, ihre ersten Flugversuche zu machen und hatten es sich auf den Pfeifen der Orgel, an welcher er gerade arbeitete, gemütlich gemacht. Sie piepsten fröhlich vor sich hin, und zwar jede in ihrem eigenen Ton, so als würden sie ihm ein eigenes Konzert geben.

Der Orgelbauer lächelte, als er den zauberhaften Klang der jungen Vögel hörte. Es war, als ob sie die Orgel selbst zum Leben erweckten und ihre eigenen Melodien in perfekter Harmonie spielten.

Statt die Vögel zu vertreiben, beschloss der alte Meister, sie willkommen zu heißen. Er begriff, dass ihre Anwesenheit eine besondere Inspiration für ihn sein könnte. Er begann seine Arbeit in der Werkstatt um die Vögel herum fortzusetzen, mit behutsamer Rücksichtnahme auf seine kleinen Gäste. Manchmal sang er ihnen sogar leise vor, während er an den Orgelpfeifen arbeitete.

Die Schwalben schienen sich ebenfalls an den alten Orgelbauer zu gewöhnen. Sie wurden mutiger und flogen manchmal um ihn herum, als wollten sie seine Arbeit begutachten.

Das beruhigende Zwitschern und Piepsen begleiteten ihn während der vielen Arbeitstage. Es half ihm, sich zu konzentrieren und seine Kreativität zu entfachen. Manchmal hatte er das Gefühl, dass die Vögel ihm musikalische Ideen einflüsterten und seine Orgelpfeifen schienen noch schöner zu klingen als je zuvor.

Eines Tages flogen die jungen Schwalben aus und verließen die Werkstatt, um ihr eigenes Leben zu beginnen. Der Orgelbauer vermisste ihr fröhliches Gezwitscher, aber er wusste, dass sie jetzt ihren eigenen Weg gehen mussten. Dennoch hinterließen sie eine Spur in seinem Herzen und in seiner Arbeit.

Die Erinnerung an seine kleinen gefiederten Freunde begleitete ihn seither, und manchmal glaubte er, ihr Gesang sei noch immer in den Klängen seiner Orgeln zu hören.

Und so lebte der alte Orgelbauer glücklich und erfüllt bis ans Ende seiner Tage.